Wild und wirksam

Kleine Kräuterkunde für Wellensittiche

Zwischen Gartenzaun und Waldrand finden sich unzählige wilde Pflanzen, die auch für unsereWellis eine Quelle an unzähligen Vitalstoffen sein können. So weit ist das sicherlich vielen Haltern bewusst, doch mit dem Wissen kommt auch die Unsicherheit:

→ Was dürfen Wellis überhaupt?
→ Wie viel ist noch gesund und wofür ist welches Kraut gut?

Auch bei Wellensittichen gilt: Für beinahe jedes Problem bietet auch die heimische Natur ein Kräutlein, das Linderung schafft. Doch der Welliorganismus verträgt manche Dinge nicht in gleichem Maß wie ein menschlicher Organismus und manches, was dem Mensch gut tut, dürfen unsere gefiederten Lieblinge nicht.

 

Die Wildkräuter haben dabei vielen Küchenkräutern gegenüber einen Vorteil: Sie sind natürlich gewachsen und somit ungedüngt aber auch langsam gewachsen, was der Dichte der Inhaltsstoffe zugute kommt. Dabei haben sie grundsätzlich mehr Gerb- und Bitterstoffe, was ihre Wirksamkeit ebenfalls erhöht, aber auch dafür sorgt, dass manche Kräuter nicht in unbegrenzter Menge verfüttert werden sollten. Auch die breite Palette an Flavonoiden ist positiv für jeden Organismus.

Übersicht der Grundinhaltsstoffe:

Flavonoiden

Sekundäre Pflanzenstoffe. Es sind unterschiedliche Verbindungen bekannt (ca. 6500), diese werden aufgrund ihrer Struktur in unterschiedliche Hauptgruppen einsortiert. Jede dieser Gruppen hat unterschiedliche Hauptwirkungsgebiete. Gemein ist allen jedoch der positive Ef- fekt auf die sogenannten "freien Radikalen". Freie Radikale entstehen als Stoffwechselprodukt. Ihre Entstehung wird durch schädliche Umwelteinflüsse begünstigt und bindet den Sauerstoff aus den Zellen. So altern Zellen und ihr Erbgut wird geschädigt - sie werden krankheitsanfällig und neigen zu Mutationen (Tumorbildung). Flavonoide binden diese reaktiven Verbindungen und überführen sie in verträglichere Molekülverbindungen.Schleimstoffe → Die Schleimstoffe legen sich als eine dünne Schicht auf die Schleimhäute und schützen sie so vor reizenden Stoffen. Entzündungen heilen schneller ab.Schleimstoffe wirken außerdem aufgrund ihrer aufquellenden Wirkung leicht abführend und was- serbindend. Diese Eigenschaften fördern einen positiven Einfluss auf die Darmtätigkeit.

Gerbstoffe

Die wasserlöslichen Verbindungen dienen der Pflanze als Schutz vor Fressfeinden. Sie hinterlassen einen herben unangenehmen Geschmack. Daher werden Pflanzen mit vielen Gerb- stoffen auch ungern von Wellensittichen gefressen – was auch gut ist, denn viele Gerbstoffe sind ungesund und wirken sich eher negativ aus – daher sollen Wellensittiche auch keine Eichenzweige bekommen.In Maßen wirken Gerbstoffe adstringierend (zusammenziehend) und entzündungshemmend.Bitterstoffe → Auch Bitterstoffe schützen die Pflanzen vor Fressfeinden. Wie der Name schon sagt, schmecken sie bitter. Daher sind Pflanzen mit hohen Anteilen an Bitterstoffen auch nicht sehr beliebt bei unseren gefiederten Freunden. Ein gesunder Effekt, denn bitter ist ein Warnsignal und bedeutet "giftig". Doch auch hier macht die Dosis das Gift. Chicoree enthält den Bitterstoff Intybin, je grüner die Blätter umso mehr. Dunkelgrüne Blätter sind ungenießbar und für den Wellensittich sogar giftig. Die hellen Blätter dagegen sind gesund, sie fördern die Verdauung.

Ätherische Öle

Sie haben häufig im Einsatz für den Vogel ein negatives Image, gelten als Auslöser für Durchfall und Vergiftungserscheinungen. In konzentrierter Form ( z. B. Duftöl) kann dies auch durchaus zutreffen, die Mengen an ätherischen Ölen in ungiftigen Pflanzen sind jedoch so gering, dass diese Pflanzen in üblichen Mengen gegeben werden können. Der freilebende Wellensittich nistet sogar in Eukalyptusbäumen, ohne sich dadurch zu vergiften. Die ätherischen Öle wirken vor allem im Zusammenhang mit weiteren Inhaltsstoffen und daher ist die individuelle Wirkung von Pflanze zu Pflanze unterschiedlich.Im Allgemeinen sind ätherische Öle antimikrobiell (wachstumshemmend bei Bakterien und Pilzen), wirken reizend und schleimlösend im Bereich der Atemwege und sind krampflösend.

Besonders häufig vorkommende Pflanzen, die dem Wellensittich schmecken und gut tun:

Wegerich (Plantago spp)

Inhaltsstoffe:

  • Schleimstoffe (umhüllende Wirkung)
  • Gerbstoffe (adstringierende Wirkung)
  • Aucubin (antibakterielles Glykosid)
  • Bitterstoffe, Kieselsäure und Flavonoide

Wirkweise: Die Wegeriche werden gegen Katarrhe der Luftwege und entzündliche Hautveränderungen eingesetzt.

Spitzwegerich

Spitzwegerich
Spitzwegerich

Für medizinische Zwecke wird eher Spitzwegerich verwendet, der auch einen milderen Geschmack aufweist. Die antibakterielle Wirkung wird bei der Zubereitung als Tee stark abgemildert. Daher ist es besser, das Kraut zu verfüttern oder Presssäfte aus der Apotheke zu verwenden. Der wichtigste Bestandteil für die Vogelernährung ist die Kieselsäure. Allgemein werden in Deutschland alle Formen von Siliciumdioxid als Kieselsäure bezeichnet. Kieselsäure kommt in vielen Nahrungsmitteln vor, besonders in Getreide. Da Kieselsäure für die Bildung des Gefieders benötigt wird, greifen viele Vogelhalter auf Kieselerde zurück. Sie enthält zu 94 % Kieselsäure und ist somit sehr hoch dosiert. Um sie auf natürlichem Wege zuzuführen, ist es empfehlenswerter die Pflanze zu verfüttern. Durch die zusätzlich aufgenommenen Pflanzenstoffe wird die Aufnahme des Wirkstoffs in den Organismus verbessert und verlangsamt.

Breitwegerich

Breitwegerich
Breitwegerich

Breitwegerich enthält mehr Gerbstoffe und wird daher auch bei Magenschleimhautentzündung, Magen-Darm-Geschwüren, Durchfall und Reizdarm verwendet. Der bittere Geschmack macht ihn aber bei den Wellensittichen nicht gerade beliebt. In zu großen Mengen kann er auch schnell Durchfall auslösen.

Verwendbare Teile:Blätter und Blütenstände

Verwechselbar mit:Nur untereinander – da alle Wegeriche aber ähnliche Wirkungsweisen haben, geht davon keine Gefahr aus.

Giersch
Giersch

Giersch(Aegopodium podagraria)

Inhaltsstoffe:

  • Ätherische Öle
  • Mineralstoffe
  • Proteine (Eiweiße)
  • Vitamine (Beta-Karotin, Vitamin A - Retinol, Vitamin C)

Wirkweise: Giersch wirkt harntreibend, entzündungshemmend und reinigend. Daher rührt wohl auch seine Wirksamkeit bei Gicht und Rheumatismus. Obwohl wissenschaftlich nicht nachgewiesen, ist Giersch bei Gicht ein seit vielen Jahrhunderten bekanntes und angewandtes Kraut. Die hohen Anteile an Spurenelementen und Vitaminen machen es zu einem sehr gesunden Leckerbissen für unsere Wellensittiche. Auch die große Anfälligkeit der Vögel gegenüber jeder Art von Gicht gibt dem Verfüttern einen Sinn. Der gute Geschmack nach Petersilie und Sellerie macht ihn nicht nur für die menschliche Küche interessant – Wellensittiche lassen sich meist sehr leicht an ihn gewöhnen. Am besten verfüttert man die jungen Blätter.

Verwendbare Teile: Blätter

Verwechselbar mit: Giersch ist ein Doldengewächs – zu dieser Gruppe gehören auch sehr viele giftige Gewächse (z. B. Schierling). Der Giersch hat jedoch ein wirklich eindeutiges Merkmal – der dreieckige Stängelquerschnitt.

Spitzwegerich
Sauerampfer

Sauerampfer (Rumex acetosa)

Inhaltsstoffe: Vitamin C, Oxalsäure

Wirkweise: Sauerampfer hat eine schleimlösende, entzündungshemmende Wirkung und wird zur Behandlung von Erkältungskrankheiten und Nebenhöhlenentzündungen angewendet. Diese Wirkungen sind aber nur für Fertigpräparate, die noch weitere Bestandteile haben, belegt.

Hinweis: Aufgrund des hohen Oxalatgehaltes des Sauerampfers sollte die Aufnahme größerer Mengen vermieden werden.

Verwendbare Teile: Blätter, Samen, Stängel

Löwenzahn
Löwenzahn
Löwenzahnblüte
Löwenzahnblüte

Löwenzahn (Taraxacum officinale)

Inhaltsstoffe:

  • Bitterstoffe
  • Flavonoide
  • Schleimstoffe
  • Kalium
  • Cumarine
  • Phytosterole
  • Eiweiß
  • Vitamin C
  • Magnesium
  • Phosphor

Die Inhaltsstoffe variieren in der Jahreszeit. Im Frühjahr enthält der Löwenzahn viel Fructose, im Herbst Inulin (bis zu 40 %).

Wirkweise: Besondere Bedeutung hat der Löwenzahn bei den leider häufig vorkommenden Leberbeschwerden der Wellensittiche. Er wirkt sich positiv auf jegliche Leberproblematiken aus und gehört daher auch vorbeugend auf den Speiseplan. Besonders im Frühjahr ist er eine willkommene Abwechslung und seine blutreinigende Wirkung unterstützt Frühjahrskuren.

Die Wurzeln können auch getrocknet werden, sie dienen den Wellensittichen dann als beliebte Knabberhölzer und können z. B. aufgereiht auf einer Schnur für gesunde Beschäftigung sorgen.

Verwendbare Teile: Blüten, Knospen, Samen, Stiele, Blätter, Wurzeln

Verwechselbar mit: In der Blütezeit ist eine Verwechslung nahezu ausgeschlossen. Daher sollte man lieber zu einer blühenden Pflanze greifen. Außerhalb der Blüte ist die Verwechslung mit diversen Korbblütlern möglich. Die meisten Doppelgänger sind nicht giftig, sondern ebenfalls essbar (z.B. Herbstlöwenzahn oder Hainsalat).

Die Wuchsformen des Löwenzahns sind standortabhängig. Ein ungestörtes Wachstum führt dazu, dass die Pflanze sehr hoch wird und die Blätter aufrecht stehen. Auf gemähten Wiesen liegen die Blätter flach auf dem Boden und die Blütenstiele sind nur wenige Zentimeter lang.

Gänseblümchen auf der Wiese
Gänseblümchen

Gänseblümchen (Bellis perennis)

Inhaltsstoffe: 

  • Kalium
  • Calcium
  • Magnesium
  • Eisen
  • Vitamin A + C
  • Gerbstoffe
  • Saponine
  • Schleimstoffe
  • Bitterstoffe
  • ätherische Öle

Wirkweise: Innerlich bei Katarrhen und Leberleiden. Regt den Stoffwechsel an, wirkt blutbildend und wirkt sich positiv auf die Arbeit der ableitenden Harnwege aus. Äußerlich (z. B. als Auszug für ein Bad) bei Hautleiden und Jucken der Haut.

Verwendbare Teile: Blätter, Knospen und Blüten

Vogelmiere
Vogelmiere

Vogelmiere (Stellaria media agg.)

Inhaltsstoffe: 

  • Calcium
  • Kalium
  • Magnesium
  • Eisen
  • Vitamin A + C
  • Vitamin B1, B2 und B3
  • Selen
  • Saponine
  • Flavonoide
  • Schleimstoffe
  • Kieselsäure
  • Gammalinolensäure

Wirkweise: Schmerzlindernd, entzündungshemmend, kühlend. Wirkt bei entzündeten Augen, Krämpfen und Blasenerkrankungen. Verdauungsfördernd und leicht abführend. Daher für Lebererkrankungen und zur Reinigung sowie Stärkung des gesamten Organismus. Als Auszug bei kleineren Wunden und bei Hautleiden.

Verwendbare Teile: Blätter, Stängel, Blüten, Knospen, Samenstände.

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